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Ex-Bundespräsident Köhler: „Wer hat denn Libyen bombardiert?“

Der frühere Bundespräsident Horst Köhler hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik den Rücken gestärkt. Er lehnt eine Obergrenze ab und fordert eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen.

(Foto: screesnhot/bundespraesident.de)
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Düsseldorf (ots) – Der frühere Bundespräsident Horst Köhler hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik den Rücken gestärkt. Er lehnt eine Obergrenze ab und fordert eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen. „Der Krieg in Syrien wurde nicht durch ein Selfie der Kanzlerin ausgelöst“, sagte Köhler der „Rheinischen Post“.

„Ich fand ihre Entscheidung, vor einem Jahr die in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge einreisen zu lassen, richtig. Das war eine großartige humanitäre Geste in einer sehr schwierigen Lage. Seitdem haben Teile der Bevölkerung das Vertrauen in die Kontrollfunktion des Staates verloren. Aber wenn wir uns die Situation heute anschauen, dann kann man doch mit Zuversicht sagen, dass die Dinge unter Kontrolle sind.“ Eine Obergrenze zu definieren, lenke nur vom „Kernproblem der Fluchtursachen“ ab, sagte Köhler.

„Deutschland sollte nicht kleinmütig sein. In Europa werden wir weiterhin diejenigen sein müssen, die mehr aufnehmen, weil wir auch mehr schultern können. Aber es ist klar, dass es Grenzen der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit gibt.“ Das Ziel der Bundesregierung, mit den nordafrikanischen Staaten Flüchtlingsabkommen nach dem Vorbild der Türkei zu schließen, könne aber nur eine kurzfristige Lösung sein.

„Gleichzeitig muss zum Beispiel Frontex schneller und wirksamer aufgebaut werden. Die Kehrseite der Abkommen: Afrikanische Führer könnten auf die Idee kommen, damit zu drohen, ihre Flüchtlingslager aufzulösen, wenn sie nicht mehr Geld von Europa bekommen.“

Die Kritik in Europa an den nordafrikanischen Staaten sei wohlfeil, betonte der Ex-Bundespräsident. „Wer hat denn Libyen bombardiert? Wer trägt denn die Konsequenzen der westlichen Interventionspolitik im Nahen Osten? Da ist viel Heuchelei im Spiel.“