Start Panorama Im Schatten der Armenien-Resolution Amnesty International: Deutschland ignoriert sein Rassismusproblem

Im Schatten der Armenien-Resolution
Amnesty International: Deutschland ignoriert sein Rassismusproblem

Während der Deutsche Bundestag sich neuerdings sehr stark für die Geschichte anderer Länder interessiert, scheint die Gegenwart im eigenen Land ins Hintertreffen der politischen Aufmerksamkeit zu geraten. Laut Amnesty International ignorieren deutsche Behörden trotz des starken Anstiegs der Anschläge auf Migranten und Flüchtlinge die rassistischen Motive dieser Angriffe.

(Foto: AA)
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Berlin (nex) – Deutsche Behörden ermittelten bei Angriffen auf Migranten und Flüchtlingen nicht angemessen und ignorierten häufig die rassistischen Motive hinter diesen Taten, erklärte Amnesty International am gestrigen Donnerstag.

In einem 80-seitigen Bericht zu dem Thema, den die Menschenrechtsorganisation auf einer Pressekonferenz in Berlin vorstellte, warnte sie vor dem starken Anstieg der rassistischen Gewalt in den letzten Jahren in Deutschland und äußerte Kritik am Versagen der Behörden.

Der Hauptautor des Amnesty-Berichts Marco Perolini erklärte, dass deutsche Behörden versagten, angemessen auf den Anstieg rechter Gewalt zu reagieren und den Migranten und Asylsuchenden trotz zunehmender Bedrohung keinen verstärkten Schutz böten.

Perolini wies darauf hin, dass in Deutschland zwischen 2013 und 2015 ein starker Anstieg bei den Hassverbrechen zu verzeichnen gewesen sei. Hierbei gehe es um einen 16-fachen Anstieg bei Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte. Im selben Zeitraum habe es bei den rassistischen Straftaten gegen Minderheiten einen Anstieg um 87 Prozent gegeben, so Perolini weiter.

Laut dem Bericht nahm die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte von 63 im Jahr 2013 auf 1031 im Jahr 2015 zu, was in der jüngeren Geschichte des Landes ein Negativrekord bedeutet.

Der institutionelle Rassismus in Deutschland

Perolini übte Kritik am Widerstreben der deutschen Behörden, notwendige Maßnahmen zur Ermittlung, Verfolgung und Vermeidung der steigenden Zahl rassistischer Straftaten zu ergreifen.

Er betonte, dass das Versagen im Bereich der Ermittlungen mit dem institutionellen Rassismus zusammenhängen könne. In dem Bericht seien mehrere Punkte aufgegriffen worden, die einen Hinweis auf institutionellen Rassismus vor allem bei der Polizei und auch innerhalb der Justizbehörden Deutschlands lieferten.

Der Menschenrechtler unterstrich, dass Stereotypen über Minderheiten und Flüchtlinge unter deutschen Beamten noch immer sehr weitverbreitet seien. Dies führe dazu, dass bei rassistischen Straftaten nicht angemessen ermittelt würde und mögliche rassistische Motive hinter vielen Straftaten, bei denen Migranten oder Flüchtlinge die Opfer seien, ignoriert würden.

Perolini beschrieb das Versagen der deutschen Behörden bei der Aufklärung der NSU-Morde als den Beweis für Deutschlands Problem des institutionellen Rassismus und erklärte, dass das Problem auch heute noch bestehe.