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Gedenken an 1915
Armenier verärgert: Obama spricht auch dieses Jahr nicht von „Genozid“

Auch in seiner achten Gedenkrede zu den Ereignissen von 1915 im Osmanischen Reich sprach US-Präsident Obama nicht von einem „armenischen Genozid“. Armenische Lobbygruppen sind über diesen Entschluss alles andere als erfreut.

(Foto: AA)
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Washington, D.C. (nex) – In einer Erklärung zum 24. April, dem „Armenischen Erinnerungstag“, hat US-Präsident Barack Obama die Ereignisse von 1915, wie auch bereits in den bisherigen sieben Jahren seiner Amtszeit, nicht als „Genozid“ bezeichnet.

Dieser Tag markiert den Beginn der damaligen Deportation armenischer Bevölkerungsteile aus dem Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs. In diesem Zusammenhang sollen mehrere Hunderttausend Menschen ums Leben gekommen sein.

Obama sprach in seiner am Freitag veröffentlichten Erklärung bezüglich der Geschehnisse der damaligen Zeit von „der ersten Massengrausamkeit des 20. Jahrhunderts“. Darüber hinaus sprach der US-Präsident von „Medz Yeghern“, der „Armenischen Katastrophe“.

Er würdigte die Rolle des damaligen US-Botschafters im Osmanischen Reich, Henry Morgenthau sen., der damals dem Weißen Haus Bericht erstattet hatte und dessen Mitteilungen zu den wichtigsten Quellen gehören, die vonseiten der USA bezüglich der damaligen Ereignisse zu Rate gezogen werden. Obama unterstrich die Wichtigkeit des Gedenkens solcher Ereignisse, um ähnliche für die Zukunft zu verhindern.


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„Ich habe stets meine eigene Auffassung zu dem deutlich gemacht, was 1915 geschehen ist, und meine Sicht darauf hat sich nicht verändert“, so Obama. „Ich habe auch erlebt, dass die Menschen und die Völker stärker geworden sind und ein Fundament für eine gerechtere und tolerantere Zukunft setzen, indem sie schmerzvolle Elemente ihrer Vergangenheit anerkennen und einräumen. Wir begrüßen weiterhin die Darlegung von Erkenntnissen all jener, die versuchen, neues Licht in das Dunkel der Vergangenheit zu bringen, von türkischen und armenischen Historikern bis zu Papst Franziskus.“

Obama würdigte auch die Leistungen armenischer Amerikaner, die einst in die USA geflohen waren, sowie des armenischen Staates, der 17 000 syrische Flüchtlinge aufgenommen hat. Hochrangige Offizielle des Weißen Hauses hatten bereits am Donnerstag Funktionäre der armenischen Lobby in den USA darauf vorbereitet, dass Obama auch in diesem Jahr den Begriff „Genozid“ nicht verwenden werde.


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Verbandsfunktionäre nahmen prompt Anstoß an diesem Entschluss und warfen dem US-Präsidenten vor, seine Unterstützer im Stich zu lassen. Vor seiner Wahl zum Präsidenten hätte Obama versprochen, den „armenischen Genozid“ anzuerkennen, erklärte Aram Hamparian, der Leitende Direktor des Armenischen Nationalen Komitees von Amerika (ANCA). Hamparian beschuldige Obama, dieser habe sich „türkischem Druck gebeugt“ und „sein Bekenntnis zur Wahrheit über den Armenischen Genozid verraten“. Der Verbandsfunktionär warf der US-Regierung zudem vor, in Anbetracht der jüngsten Eskalationen zwischen Armenien und Aserbaidschan ruhig geblieben zu sein.

Am 24. April wollen tausende Türkisch-Amerikaner vom Weißen Haus zur türkischen Botschaft ziehen und eine 24-Stunden-Andacht auf der Massachusetts Avenue abhalten, um gegen die armenischen Darstellungen zu protestieren. Hinter dem Protestzug steht das Türkisch-Amerikanische Lenkungskomitee (TASC), dem 140 Nichtregierungsorganisationen angehören.

In einem Schreiben an Obama erklären dessen Vorsitzende Gunay Evinch und İbrahim Uyar, der Präsident möge der türkisch-amerikanischen Community bezüglich der Bewertung der Vorfälle die Wohltat des Zweifels gewähren und auch die Leiden der Türken und Muslime in jener Zeit anerkennen. Gleichzeitig solle es einen ehrlichen Dialog und eine Versöhnung geben. Die armenische Lobby hatte auch im vorangegangen Jahr versucht, Kongressabgeordnete beider Lager für die Unterstützung einer Resolution im Kongress zu gewinnen, die eine Anerkennung des „Armenischen Genozids“ zum Inhalt haben soll.

Die Zahl der Unterstützer wuchs seither um 66 Abgeordnete. Eine Mehrheit für die Resolution im außenpolitischen Ausschuss erscheint jedoch als fraglich.