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Kommentar
Grüner Maßregelungsdrang ereilt eigenen türkischstämmigen Politiker

Politiker aus der türkischen Einwanderercommunity haben sich – und das zeigen Vorfälle dieser Art - vorbehaltlos den vorherrschenden deutschen Deutungen über die Situation im Heimatland ihrer eigenen Urahnen zu unterwerfen.

Der jüngste Kandidat für eine gehörige Belehrung dieser Art ist nun Eyup Odabaşı, immerhin schon seit Jahr und Tag aktiver Politiker der Grünen aus Bünde. (Foto: facebook Titelbild Eyüp Odabasi)
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Grüner Maßregelungsdrang ereilt eigenen türkischstämmigen Politiker

 

Ein Kommentar von Remzi Aru

Berlin (nex) – Böse Zungen behaupten, die Partei der Grünen wäre vor allem deshalb über jedweden Verdacht, rassistische Vorstellungen zu pflegen, erhaben, weil die ihr zu Grunde liegende Ideologie jeden Menschen gleichermaßen als Schädling hinsichtlich einer mystifizierten Natur betrachtet. Dies soll jedoch jetzt erst mal nicht mein Thema sein. Heute soll es eher um das Thema Grüne und Einwanderer gehen.Für viele türkische Einwanderer erschien ein Engagement in der Partei der Grünen über lange Zeit hinweg als attraktiv, weil diese Partei, die sich soziologisch in erster Linie aus Angehörigen der gesellschaftlichen Oberschicht zusammensetzte, die in Vierteln mit besonders geringem Ausländeranteil lebte, im Unterschied zu anderen stets darauf verzichtete, den „Bild“-Pöbel mit fremdenfeindlichen Wahlkampfparolen zu bedienen.
Man war auf die Stimmen schlicht strukturierter Neonazis oder dumpfer Stammtischbrüder schlichtweg nicht angewiesen, gleichzeitig lebte man abgeschottet im lange Zeit homogenen Biotop des deutschen Bildungsbürgertums – da konnte man leicht Schalmeienklänge von wegen „Mut zur multikulturellen Gesellschaft“ anstimmen, mittels derer man Stimmen eingebürgerter Einwanderer zu lukrieren versuchte. Dass die vermeintlich „multikulturelle“ Ausrichtung der Partei in erster Linie eine theoretische war und das Werben um die Gunst der Einwanderer nicht zwingend damit zu tun haben sollte, dass man diese als gleichberechtigte Glieder des Gemeinwesens akzeptieren würde, sollte sich erst zeigen, als immer mehr Kinder und Enkel der ersten „Gastarbeiter“ an die Universitäten strömten und als Freiberufler, Unternehmer oder leitende Angestellte Karriere machten.
Nun begannen die Einwanderer ihnen langsam suspekt zu werden, nicht nur, weil sie als Konkurrenz auf den Arbeitsmarkt strömten, sondern auch, weil viele von ihnen die politischen und gesellschaftlichen Ideen nicht verinnerlicht hatten, die seitens der linksgrünen Nomenklatura nach dem „Marsch durch die Institutionen“ an Schulen und Universitäten, in Medien und politischen Parteien dem gemeinen Volk verordnet wurden.
Grüne Vorstellungen wie jene noch 1988 von Volker Beck vertretene, wonach die „Entkriminalisierung der Pädosexualität ist angesichts des jetzigen Zustandes ihrer globalen Kriminalisierung dringend erforderlich“ wäre, oder die nunmehr in „Bildungsplänen“ verankerte, zwangsweise Belästigung von Kleinkindern mit der „Puppe Lutz“ und anderen Handreichungen zur Ermöglichung einer frühzeitigen Überwindung anerzogener Hemmungen, die die freie Entfaltung der Sexualität schon im Kindesalter stören, konnten in der Einwanderercommunity nie so richtig Fuß fassen – und dabei dürfte es auf absehbare Zeit auch bleiben.
„Fortschritt“, „Emanzipation“ und „Befreiung“, wie die Grünen es meinen, wirkten auf Gastarbeiterkinder, für die ein starker Zusammenhalt in der Familie und die Gottesfurcht Kraftpole in Jahrzehnten bitterer Armut waren, nun mal weniger abziehend als auf Kinder der deutschen 68er Generation, die nur Wohlstand und Luxus kannten und die bald herausgefunden hatten, wie der Verweis auf die Herkunft der eigenen Eltern aus der Nazi-„Tätergeneration“ mühelos jeden Einwand gegen ihren hypertrophen Drang zur „Selbstverwirklichung“ zum Verstummen bringen würde. So sehr die linksgrüne Hegemonie im Laufe der letzten Jahrzehnte in der deutschen Mehrheitsgesellschaft alle Lebensbereiche erfasste, so resistent erwiesen sich weite Teile der Einwandererbevölkerung. Im Unterschied zur Situation bei den Alteingesessenen wurden die türkischen Einwanderer mit zunehmendem Wohlstand nicht säkularer, feministischer, linksprogressiver und ökofaschistischer, sondern hielten immer noch an religiösen Werten, Familie und Nationalstolz fest.
Dies konnte auch den angeblich so „multikulturellen Einwandererfreunden“ bei den Grünen nicht verborgen bleiben. Zwar gab es immer wieder angepasste Vorzeigetürken wie Cem Özdemir, die man nun als große Vorbilder herausstellte, aber auch die erweckten eher Misstrauen. Das war auch kein Wunder: Denn die Erwartungshaltung von wegen „Passt Euch endlich unseren Werten an“, die beim Sarrazin- und PI-Publikum auf Bikini, Schweinefleisch und Alkohol gerichtet ist, zielt bei grünen „Multikulti“-Eliten darauf auf, dass Türken den „Armenier-Genozid“ anerkennen, Genderbewusstsein anstelle des Nationalbewusstseins entwickeln, eine „fortschrittliche“, „befreite“ Sexualmoral adaptieren und sich statt über die PKK lieber über Erdoğan empören sollen. Die dahinterstehende Blockwartmentalität bleibt bei beiden die gleiche. Wer nicht mitmacht, erweckt den deutschen Maßregelungsdrang. Dies macht auch den Weg vom Linkssozialisten zum rechtsradikalen „Islamkritiker“ für Leute wie Sarrazin, Buschkowsky, Alice Schwarzer oder Ralph Giordano so kurz.
Der jüngste Kandidat für eine gehörige Belehrung dieser Art ist nun Eyup Odabaşı, immerhin schon seit Jahr und Tag aktiver Politiker der Grünen aus Bünde, der nichts anderes gemacht hatte als einen Zeitungsartikel über die Ermordung von sechs Teilnehmern eines Marsches zum „Christopher Street Day“ durch einen jüdischen Extremisten am vorangegangenen Wochenende in Jerusalem auf Facebook zu posten und als Einleitung den Textauszug „Augenzeugen berichteten, der Mann habe mehrere Teilnehmer der Gay Parade von hinten mit einem Messer attackiert und dabei laut geschrien“ zu posten. Etwas weiter unten im Thread macht Odabaşı, der noch nicht einmal als besonders vehementer Anhänger der türkischen Regierung aufgefallen ist, seine eigene Position mit den Worten deutlich: „Unabhängig von der Religion, der Ethnie und der sexuellen Ausrichtung: Leben und leben lassen.“
Für Pädoversteher a.D. Volker Beck Anlass genug, seinem Parteigenossen mittels einer Flucht in den Whataboutismus den Kopf zu waschen: „Und PM Netanyahu hat es unverzüglich verurteilt, anders als beim IstanbulPride, wo die Gewalt von der Polizei ausging und das Verbot mit Ramadan begründet wurde.“
Die durch die Blume vermittelte Botschaft dahinter: Es steht einem dahergelaufenen Kanaken wie Odabaşı nicht zu, als deutscher Grünenpolitiker in „unterkomplexer“ Weise auf einen Sachverhalt in Israel hinzuweisen, solange in der Türkei rechtswirksam verbotene Demonstrationen durch die Polizei aufgelöst werden. Eyup Odabaşı hatte allerdings bereits zuvor den Zorn der grünen Nomenklatura auf sich gezogen, indem er ebenfalls auf Facebook sein Unverständnis über die neue deutsche Liebe zur PKK artikuliert hatte und sich mit seiner Weigerung, die terroristische PKK mit „den Kurden“ gleichzusetzen, dem Klassenstandpunkt verweigerte, den seine Partei vorgab.
Wie so etwas enden kann, konnte man erst vor wenigen Monaten im Falle der Hamburger Grünen-Politikerin Nebahat Güçlü sehen. Zu weit sollte es Odabaşı, wenn er in dieser Partei noch alt werden will, also nicht treiben. Politiker aus der türkischen Einwanderercommunity haben sich – und das zeigen Vorfälle dieser Art – vorbehaltlos den vorherrschenden deutschen Deutungen über die Situation im Heimatland ihrer eigenen Urahnen zu unterwerfen. Man will den Einwanderer, der seine Identität, seine eigenen Erfahrungen und seinen Charakter verkauft, um in der politischen Elite Deutschlands akzeptiert werden zu können. Egal, wie gut ein türkischer Einwanderer die türkischen Verhältnisse und die Bedürfnisse der türkischen Community kennt: Der deutsche Schulmeister kennt sie besser. Erst nach erfolgter Zwangsgermanisierung und Übernahme des Narrativs der Bildzeitung oder des Politbüros der Grünen darf der türkische Einwanderer wirklich „einer von uns“ sein.
Man verzeihe mir, wenn ich mich angewidert abwende.
Remzi Aru