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Erzbischof Stefan Heße fordert mehr Realismus in katholischer Sexualmoral

Die Kirche müsse es wertschätzen, wenn in homosexuellen Beziehungen Werte wie Treue und Verlässlichkeit gelebt würden, betonte Heße und widersprach dem Passauer Oberhirten Stefan Oster, der gesagt hatte, das sei auch in der Mafia der Fall.

"Wir müssen auf die Vielfalt der Lebensformen schauen, die nun einmal da sind", sagte der 48-Jährige dem "Kölner Stadt-Anzeiger". In den Hamburger Dom sehe er "natürlich auch gleichgeschlechtliche Paare kommen, und keiner setzt sie vor die Tür". (Foto: wikipedia)
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Berlin (dts) – Der katholische Erzbischof von Hamburg, Stefan Heße, hat seine Kirche zu mehr Realismus in der Sexualmoral aufgerufen. „Wir müssen auf die Vielfalt der Lebensformen schauen, die nun einmal da sind“, sagte der 48-Jährige dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In den Hamburger Dom sehe er „natürlich auch gleichgeschlechtliche Paare kommen, und keiner setzt sie vor die Tür“.

Er sei zwar zurückhaltend, was die „Homo-Ehe“ betrifft, sagte Heße. „Aber wenn diese Menschen unsere Nähe suchen, sind wir als Kirche für sie da. Was denn sonst?“ Die Kirche müsse es wertschätzen, wenn in homosexuellen Beziehungen Werte wie Treue und Verlässlichkeit gelebt würden, betonte Heße und widersprach dem Passauer Oberhirten Stefan Oster, der gesagt hatte, das sei auch in der Mafia der Fall. „In meinen Augen mindert das nicht Liebe und Treue zwischen zwei Menschen“, so Heße. Für wiederverheiratete Geschiedene wünsche er sich „lebbare Formen für die kirchliche Anerkennung und Begleitung“, ohne deshalb das Ideal der Ehe aufzugeben.Heße verteidigte die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts und die damit verbundenen Lockerungen der Anforderungen an Menschen im kirchlichen Dienst, nach den moralischen Normen der Kirche zu leben.

„Anders könnten wir gar nicht weitermachen, weil wir sonst zu wenig qualifizierte Mitarbeiter bekämen, um unsere Einrichtungen zu betreiben“, sagte Heße. Er wandte sich vehement gegen die Haltung einiger bayerischer Bischöfe, die mit der Umsetzung des reformierten Arbeitsrechts zögern. „Ich frage mich, welches Kirchenbild steht dahinter? Wollen wir eine Kirche sein, die ihren Platz mitten in der Welt hat? Dann müssen wir nahe am Leben der Menschen sein, und möglichst viele mitzunehmen versuchen. Oder wollen wir sozusagen eine `Kirche der Reinen` ohne existenzielle Schwierigkeiten und Brüche? Das wäre dann eine kleine, sehr kleine Schar, die nur wenige Berührungspunkte mit ihrer Umgebung hätte“, so der Erzbischof.

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