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Amnesty International: Kurdische PYD verletzt massiv Menschenrechte

Kurdische Behörden im Norden Syriens nutzen den Kampf gegen die Terrormiliz IS nach Ansicht von Amnesty dazu, um systematisch gegen Oppositionelle und Kritiker in Medien, Politik oder Gesellschaft vorzugehen. Willkürliche Festnahmen seien an der Tagesordnung, teilte die Menschenrechtsorganisation nach Recherchen in Gefängnissen der PYD am Montag mit.

(Symbolfoto: AA)
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Afrin (nex) – Willkürliche Festnahmen, menschenunwürdige Haftbedingungen, unfaire Gerichtsverfahren, Kindersoldaten – die Menschenrechtsorganisation fällt ein vernichtendes Urteil über das „demokratische Experiment“ Rojava.
Kurdische Behörden im Norden Syriens nutzen den Kampf gegen die Terrormiliz IS nach Ansicht von Amnesty dazu, um systematisch gegen Oppositionelle und Kritiker in Medien, Politik oder Gesellschaft vorzugehen. Willkürliche Festnahmen seien an der Tagesordnung, teilte die Menschenrechtsorganisation nach Recherchen in Gefängnissen der PYD am Montag mit. Viele der Inhaftierten seien bereits über ein Jahr ohne Anklage oder Gerichtsurteil in Haft. Fahed, ein 65-jährige Rentner aus Hasakeh, ist eines dieser zahllosen Beispiele.
Er wurde zusammen mit seinen drei Söhnen vor zwei Monaten festgenommen. Grund: Eine ferne Verwandte, die wiederum verwandt mit jemand sei, der seinerseits eine Beziehung mit IS habe. Malek, einem junger Blogger aus Raqqa, wurde dagegen ein PYD-kritischer Kommentar auf Facebook zum Verhängnis. Wie bei vielen kurdischen Oppositionellen lautet auch hier die Anklage: Terrorismus. Andere Inhaftierte wiederum beklagen, dass ihnen nicht einmal mitgeteilt worden sei, was ihnen eigentlich vorgeworfen wird. Die oppositionelle Syrische Demokratische Kurdenpartei (PDFK-S) erklärte Amnesty International, dass ein Dutzend ihrer Mitglieder in Afrin festgenommen wurde. In der Stadt unter PYD-Herrschaft warten die politischen Gefangenen seit 2014 vergeblich auf eine Anklage oder einen Gerichtsprozess. Neben dem Zugang zu Rechtsanwälten, würde ihnen auch der Kontakt zu Verwandten verwehrt. Nach Recherchen von Amnesty wurden Fälle bekannt, in denen Menschen über Monate in dunklen, unterirdischen Bunkern ohne Sanitäreinrichtungen zu Dutzenden zusammengepfercht wurden.
„Die von der PYD geführte autonome Verwaltung kann ihren Kampf gegen Terrorismus nicht als Ausrede dafür benutzen, Menschenrechte zu verletzen“, fordert Amnesty. Die Organisation Human Rights Watch hatte im vergangenen Jahr bereits ähnliche Vorwürfe erhoben. Amnesty ruft die PYD auf, willkürliche Verhaftungen einzustellen und alle politischen Gefangenen sofort freizulassen. Zuvor fordert nach Recherchen in der Region im Februar auch Human Rights Watch dies von den PYD-Behörden. Beide Menschenrechtsorganisationen fordern die PYD auf, Minderjährige nicht mehr als Soldaten sowie an bemannten Kontrollposten einzusetzen, Häftlinge vor Misshandlungen zu schützen und die zahlreichen Entführungen und offensichtlich politisch motivierten Tötungen zu untersuchen.